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Vielleicht war es die bewegendste Kinderrüstzeit der letzten Jahre?
Wieso? Dazu weiter unten mehr.

Dass die erste Ferienwoche für viele Kinder in Melaune beginnt – nicht neu.
Dass wegen Brandschutzauflagen das Pfarrhaus nicht mehr und die Jugendscheune nur eingeschränkt genutzt werden kann, dafür aber zwei Sattelauflieger zur Übernachtung bereitstehen – seit 2020 nicht neu.
Dass sich die Zahl der Mitarbeitenden fast halbiert hat – neu.
Dass eine zweite, volljährige Leitungsperson in Form eines Freiwilligen/BFDlers grundsätzlich gefehlt hätte – neu.
Dass die Rumänien- und die Kinderrüstzeit das gleiche Thema hatten – neu.
Von zwei schrägen Typen sollten die Kinder in sechs Tagen hören und erleben.
Der korrupte, in die eigene Tasche wirtschaftende und sicher angsteinflößende Zöllner Zachäus – der eine schräge Typ.
Bartimäus, der blinde Bettler vor den Toren Jerichos – Typ zwei.


In der Vorbereitung entstand die Idee: Gibt es nicht einen blinden Menschen aus der Gegend, den wir mal für ein paar Stunden zur Rüstzeit einladen könnten? So könnten die Kinder und auch das Mitarbeiterteam eine Ahnung davon bekommen, was es bedeutet, im Alltag blind zu sein – wo doch unser Sehsinn so wichtig ist.
Der Eindruck entstand: Gott hatte vieles schon vorbereitet. Wir mussten die Puzzleteile „nur“ noch zusammenfügen.
Bei unserem Pfarrer Andreas Fünfstück fing es an. Über eine Zwischenstufe meldete sich am anderen Ende des Telefons Dariusz aus Zittau. Es bedurfte nur weniger Erklärungen und Nachfragen bis zu seiner Zusage:
„Ich komme eine Woche nach Melaune.“
Doch damit ging es erst richtig los.
Fragen über Fragen:
Wie wird das mit dem Schlafen?
Wie passt er in die Gruppe?
Wie kann er am Programm teilnehmen – wie können oder müssen wir mit ihm umgehen?
Was macht er, wenn wir zum Baden nach Reichenbach fahren? …
Am Sonntagmittag holte unser Vereinsmitglied Max ihn nach Melaune.
Und dann begann eine beeindruckende, ergreifende Eigendynamik:
Bescheiden, humorvoll, tiefsinnig, engagiert und interessiert, sich selbst auf die Schippe nehmend – so gewann Dariusz die Herzen von Kindern und Mitarbeitenden. Und umgekehrt.
Anfängliche Berührungsängste wichen schnell.
„Warum trägt ein Blinder eine Brille, wenn er doch eh nichts sieht?“ – fragte ein Mädchen am Starttag einen Mitarbeitenden.
„Geh zu Dariusz, frag ihn – er wird dir antworten.“
Ruckzuck bildete sich um ihn eine Traube von acht Kindern, die gespannt zuhörten.

(Anmerkung: Die Brille verhindert das Anstoßen an Gegenständen, Ästen etc. und damit das Auslaufen des Auges.)
Ob am Tisch, auf dem Weg, beim Abwaschen, auf dem Tandem oder in der Rutsche im Bad – unser „schräger Typ“ aus Zittau hatte verlässliche Kinder und Mitarbeitende um sich, die sich auf gute Weise um ihn kümmerten.
Es gab unglaubliche Momente – zum Staunen, zum Freuen, aber auch mit schmerzlichen Erkenntnissen.
Gegen Ende der Woche setzte sich Dariusz auf den „heißen Stuhl“. Die Kinder hatten Fragen aufgeschrieben, und sein neuer „best friend“ Haimo trug ihm die teils lustigen, teils tiefgehenden Fragen vor.

Manchmal konnten wir vor Lachen kaum noch sitzen.
Bei manchen Antworten wurde es ganz still im Zelt – und bei einigen liefen leise Tränen über die Wangen.
Dariusz erzählte davon, wie er die ersten 20 Jahre wie jeder andere sehen konnte.
Von der sich erfüllenden Prognose des Arztes.
Von der großen Not – damals wie heute.
Davon, was es bedeutet, so stark auf Hilfe angewiesen zu sein.
Auch von möglichen, gedanklichen Auswegen aus dieser Not sprach er sehr offen.
Doch er gab auch ein eindrückliches Zeugnis von seinem tiefen Glauben an den lebendigen Gott – ein Glaube, der weit über dieses Interview hinaus zu spüren war.
Beim Familiengottesdienst am Schluss stand er mit dem Mikrofon auf der Bühne und hielt mit behutsamen Worten Rückblick auf ein für ihn wirklich bedeutendes Lebensereignis – die Teilnahme an dieser Rüstzeit.
Die Eltern bekamen eine Ahnung – und viele Kinder und Mitarbeiter konnten dem aus ihrer Sicht nur zustimmen.
Wir danken ihm für seine Teilnahme – und unserem himmlischen Vater für diese unglaubliche Lebenserfahrung.
🙏 Weitere Gründe zum Danken:
- Hannah und Naemi, für die treue, gute und herzliche Leitung der Küche.
- Birgit Grabs für die kreative Nachmittagsgestaltung: Vom Korn mahlen bis zum Backen von Brot und Baguettes.
- Der Zoll aus Ludwigsdorf, der mit drei Einsatzfahrzeugen und Beamten Rede und Antwort stand.
- Die Firma Dussa aus Ludwigsdorf, die ihren Kran für unsere Strickleiter bereitstellte.
- Martina, die mit viel Liebe einen kleinen Laden im Büro aufmachte.
- Die Firma Kuhnen, die uns die beiden Sattelauflieger zur Verfügung stellte.
- Dachbau Melaune, für den provisorischen Rettungsweg.
- Die vielen Eltern – für Auf- und Abbau, Kuchenspenden, Brötchen- und Mittagessenlieferungen.
- Das Mitarbeiterteam: Melli, Elsa, Eleonore, Selma, Liddy, Lennard, Haimo, Mattes, Toni, Philip, Jeremias, Anneli – sowie Klara, die kurzfristig als zweite Leiterin eingesprungen ist.
- Rosalie, die die Reinigung der Häuser im Vorfeld übernahm.
- Der Firma Schmiedevater Klitten und Daniel, für den neuen Duschturm sowie Daniel und Karsten für die entsprechende Wasser-Installation.
- Die Spender, die Stiftung Kirche im Dorf, der Kirchenkreis und das Amt für kirchliche Dienste – für die finanzielle Unterstützung
















🙌 Abschließend danken wir Gott …
… für seine Gegenwart,
… für das Zusammenfügen all dieser kaum aufzählbaren Dinge,
… für das wohl passendste Wetter der Sommerferien – genau in dieser Woche,
… für alles, was in den Herzen, Seelen und im Geist aller Beteiligten gewachsen ist – zur Zurüstung und zur Ermutigung,
… und für die Bewahrung aller 45 Beteiligten vor schlimmen Streit, Unfällen oder Ähnlichem.
